Bisher als Stellvertreter tätig, ist Burkhard Braun nun von der Ellerbeker Gemeindevertretung für fünf Jahre ins Amt des Schiedsmanns gewählt worden. Ehrenamtliche Schiedspersonen werden außerdem vom Amtsgericht per Eid zur Verschwiegenheit und Unparteilichkeit verpflichtet. Der ehemalige Neurochirurg lebt seit acht Jahren mit seiner Ehefrau Marlies in Ellerbek. An seinem Beruf als Mediziner faszinierte ihn die handwerkliche Tätigkeit unter dem Mikroskop.
Dorf-Geflüster: Was begeistert Sie an der Tätigkeit als Schiedsmann?
Burkhard Braun: Das ausgleichende Potenzial zu schaffen, um Menschen (wieder) zusammenzuführen.
DG: Wann kommen Sie typischerweise ins Spiel?
Burkhard Braun: Das “Geschäft“ der Schiedspersonen ist stark saisonabhängig. Wir werden meist im Frühjahr gebraucht, wenn die Hecke zu hoch ist, Äste eines Baums drei Meter weit in den benachbarten Garten ragen oder Wurzelausläufer nebenan die Terrasse anheben. Aber auch in Fällen von Beleidigungen. In solchen Situationen steht vor der Anrufung eines Gerichts zwingend das Treffen mit einer Schiedsperson. Erst wenn hier die Gespräche gescheitert sind und eine „Erfolglosigkeitsbescheinigung“ ausgestellt wurde, darf man sich vor Gericht weiterstreiten.
DG: Wo treffen Sie die Betroffenen?
Burkhard Braun: Es hat sich bewährt, die streitenden Parteien direkt vor Ort zu besuchen, um sich im wahrsten Sinne des Wortes ein Bild von der Sache zu machen. Wenn das von einer Partei abgelehnt wird ergeht eine Ladung in einen offiziellen Amtsraum. Dieser Aufforderung muss dann von Rechts wegen Nachgekommen werden.
DG: Ellerbek ist keine Großstadt – was ist, wenn Sie eine der Parteien privat kennen?
Burkhard Braun: Dann hat es sich bewährt, dass die andere Schiedsperson den Fall übernimmt. Oder ich spreche es offen an und frage, ob das für die Gegenpartei in Ordnung ist. Zur Objektivität bin ich ja durch meinen Eid sowieso verpflichtet.
DG: Wie viele Schlichtungsfälle gab es im Jahr 2014 in Ellerbek?
Burkhard Braun: Es waren 24 Fälle, mit einer Erfolgsquote von 100 Prozent.
DG: Das heißt Sie und Ihr Vorgänger Franz Pollach konnten alle Streitenden zu einer Einigung bewegen!
Burkhard Braun: Genau, das freut uns sehr. Und im Gegensatz zu einem Gerichtsurteil, das eine Lösung “von oben“ diktiert, haben die Parteien alle Kompromisse mit unserer Unterstützung selbst ausgearbeitet. Somit ist die Zufriedenheit größer als bei einem Urteil. Wir Schiedspersonen können schlichten, aber eben nicht richten. Ein mit uns erarbeiteter Titel ist dennoch auf 30 Jahre vollstreckbar. Das heißt beispielsweise, dass die Äste des Baumes dann die nächsten Jahrzehnte nur einen Meter beim Nachbarn hereinragen dürfen.
DG: Welche Eigenschaften sollte man als Schiedsperson besitzen?
Burkhard Braun: Man sollte mit Menschen umgehen können und wollen. Ein Interesse und die Fähigkeit haben, streitende Parteien ins Gespräch miteinander zu bringen.
DG: Was muss man für die Tätigkeit erlernen?
Burkhard Braun: Als Schiedsperson besucht man Wochenendseminare, in denen einem Inhalte der Landesschlichtungsordnung und des Nachbarschaftsrechts vermittelt werden. Auch ein reger Austausch mit dem Vorgänger ist wichtig, um Beispiele aus der Praxis vermittelt zu bekommen.
DG: Was raten Sie Ihren Ellerbeker Mitbürgern aufgrund der Erfahrungen, die Sie in Ihrem Amt bereits sammeln konnten?
Burkhard Braun: Gehen Sie möglichst gleich zu Beginn eines sich anbahnenden Konflikts aufeinander zu und tun Sie Ihr Missfallen oder Ihre Sorgen kund. Warten Sie nicht erst monatelang auf den Tropfen, der das Fass dann zum Überlaufen bringt und die Situation eskalieren lässt.
DG: Bezeichnen Sie sich selbst als ausgeglichen und friedliebend?
Burkhard Braun: Ich bin ein sehr friedliebender Mensch – nur für das Gespräch mit dem Maulwurf in unserem Garten bräuchte ich selbst dringend die Hilfe einer “tierisch guten“ Schiedsperson…
DG: Vielen Dank für das nette und informative Gespräch – und weiterhin viel Erfolg!
Interview: Alexandra Wulf